Die Schmalspurbahn von Pfalzgrafenweiler über Musbach nach Freudenstadt.
Die Musbacher hatten ebenso wie die Mitbürger der Nachbargemeinden erkannt, dass sie mit der Zeit mithalten mussten. Eine schnellere und bessere Verkehrsanbindung an die Kreisstadt und damit die Bahnlinie nach Stuttgart war erforderlich um wirtschaftlich Holz aus den Wäldern zu verkaufen.
Die Planungen waren schon so weit fortgeschritten, dass das nachstehende Bittschreiben versandt werden konnte.
Freudenstadt/Pfalzgrafenweiler im Januar 1901
Bitte der bürgerlichen Kollegien der Gemeinden Pfalzgrafenweiler, Herzogsweiler, Obermusbach, Untermusbach und Freudenstadt um Erbauung oder Subventionierung einer Nebenbahn von Pfalzgrafenweiler nach Freudenstadt.
Hohe Ständeversammlung!
Die Gemeinde Pfalzgrafenweiler, welche an der alten Poststraße Stuttgart-Freudenstadt gelegen ist, geht seit Erbauung der Eisenbahn von Jahr zu Jahr mehr zurück.
Der sich früher über Pfalzgrafenweiler auf der Heerstraße in den Schwarzwald bewegende sehr lebhafte Verkehr ist der Gemeinde durch die Eisenbahn entzogen worden, während Pfalzgrafenweiler selbst den Anschluß an das Bahnnetz des Landes entbehren muß.
Hierdurch ist eine doppelte Schädigung der Gemeinde Pfalzgrafenweiler eingetreten, die sich in der fortwährenden Entwertung des Grund und Bodens sehr schmerzlich fühlbar macht.
Unter der Berücksichtigung, daß durch eine Bahn nach Pfalzgrafenweiler ein sehr bedeutendes Waldgebiet erschlossen würde, glaubten die Vertreter dieser Gemeinde daher, daß dieses Ziel mit allen Kräften verfolgt werden müsse, um der Gemeinde wieder zu einem gedeihlichen Aufschwung zu verhelfen.
Man faßte in erster Reihe einen Anschluß an die zunächst gelegene Staatsbahnstation Dornstetten ins Auge. Bei der näheren Prüfung der Verhältnisse kam man jedoch allgemein zu der Ansicht, daß ein Anschluß in der Oberamtsstadt vorzuziehen sei.
Zwar wird die zu erbauende Strecke nach Freudenstadt nicht unwesentlich länger sein, als eine Bahn nach Dornstetten, doch hat dies keinen Nachteil, weil die Bahn fast überall durch Staats-Gemeinde- und Privatwaldungen geht. Hierdurch aber wird erst die Bedeutung der Bahn für Staat und Gemeinden, sowie auch die Rentabilität der Strecke begründet.
Die nahezu fertiggestellte Murgtalbahn von Freudenstadt nach Klosterreichenbach wird außerdem einen sehr bequemen Anschluß an den neuen Bahnhof „Freudenstadt-Stadt“ ermöglichen. vgl die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes , betreffend die Beschaffung von Geldmittel für den Eisenbahnbau etc.
In dem Rechnungsjahr 1898/99 speziell Nebeneisenbahn Freudenstadt-Reichenbach.“ Beilg. 246 S.794 Spalte 1 unten – und bei Durchführung der Murgtalbahn und Anschluss an die badische Strecke wird daher das Holz bei diesem Anschluß den kürzesten Weg nach den Rheingegenden, wohin der bei weitem größte Teil der Frachten geht, haben -.
Schließlich blieb der Umstand, daß Freudenstadt (7076) Einwohner die Oberamtsstadt ist und außerdem eine rege Industrie und einen sehr lebhaften , in großem Aufschwung befindlichen Verkehr von Luftkurgästen und Erholungsbedürftigen aus allen Ländern hat, nicht zu unterschätzen.
Auch die Stadt Freudenstadt selbst hofft durch Einführung dieser Bahn für sich einen weiteren Aufschwung und vor allem auch einen regeren wechselseitigen Nachbarschaftsverkehr zwischen der Oberamtsstadt und dem durch die weiten Entfernungen (bis zu 30 Km ) der Oberamtsstadt mehr oder weniger entfremdeten zahlreichen Amtsorten des „ hinteren Bezirks“.
Infolge dieser Umstände beauftragen die bürgerlichen Kollegien der Gemeinden Pfalzgrafenweiler, Herzogsweiler, Obermusbach, Untermusbach und Freudenstadt die Firma Arthur Koppel im Juni 1898 mit der Anfertigung eines generellen Projekts für eine schmalspurige Nebenbahn Pfalzgrafenweiler -Freudenstadt.
Das Waldgebiet, welches durch dieses Projekt durchschnitten, bezw. berührt wird, ist ein überaus großes. Die Bahn wird, insbesondere nach Berücksichtigung einer von der königlichen Forstverwaltung gewünschten Trassenverlegung, auf einer Länge von 16 – 17 Km mitten durch Waldungen laufen, also auf einer Länge von mindestens 80% der ganzen Bahnlinie die Waldungen und zwar zum allergrößten Teil Staatswaldungen, worunter das bekannte schöne und bedeutende Revier Pfalzgrafenweiler, durchschneiden .
Bei der Rentabilitätsberechnung ist angenommen worden, daß 19000 Festmeter Holz jährlich zur Verladung durch die Bahn gelangen werden. Aber man kann mit Sicherheit darauf rechnen, daß diese Quantum bei Anlegung von bequemen Verladestellen wesentlich größer sein wird, vollends dann wenn die Murgtalbahn durchgebaut werden sollte.
Dann würden noch zahlreiche Frachten der Nagold -Altensteiger Bahn oder der Station Dornstetten zufließen, auf dieser Strecke als der in der Richtung zum Rhein kürzesten verfrachtet werden.
Wie groß das Bedürfnis und das Interesse an dem Zustandekommen der Bahn bei den unterzeichneten Gemeinden ist, geht daraus hervor, daß dieselben sich bereits zur Stellung des Grund und Bodens, sowie außerdem zu einem Barbeitrage à fond perdu in Höhe von 100 000 Mark, also von 5000 Mark pro Km. Bahnlänge bereit erklärt haben.
Unter Berücksichtigung dieser großen Opfer, sowie ferner unter Berücksichtigung des dringenden Bedürfnisses und des unaufhaltsamen Rückganges insbesondere der Gemeinde Pfalzgrafenweiler mit ihrer regsamen und geschäftstüchtigen Bevölkerung ( größte Dampfsägmühle des Bezirks), sowie schließlich unter Berücksichtigung der großen Bedeutung der Bahn für den Wert der Waldungen, insbesondere der Königlichen Staatswaldungen stellen die unterzeichneten Gemeinden daher die gehorsamste Bitte: „ Die hohe Ständeversammlung der Königlichen Staatsregierung die Erbauung der projektierten Nebenbahn Pfalzgrafenweiler- Freudenstadt durch die Kgl. Generaldirektion der Staatseisenbahnen nahelegen oder falls die Kgl. Generaldirektion die baldige Erbauung der Bahn nicht übernehmen könnte und die Bahn durch eine Privatgesellschaft erbaut werden sollte, der K. Staatsregierung die Bereitwilligkeit zur Gewährung eines entsprechenden Staatsbeitrages aussprechen“.
Ehrerbietigst die bürgerliche Kollegien der Gemeinden Gemeinderäte und Bürgerausschüsse von Pfalzgrafenweiler, Herzogsweiler, Freudenstadt Obermusbach, und Untermusbach
Obermusbach
Gemeinderat Bürgerausschuß
Schanz
Ziefle
Wörner
Kappler
Braun
Schneider
Seeger
Bohnet
Hofer
Untermusbach
Gemeinderat Bürgerausschuß
Schittenhelm
Bauer
Keck
Kilgus
Müller
Seeger
Klumpp
Kilgus
Hornberger
Haißt
Nußkern
Mast
Weißer
Wurster
Übersichtskarte über die geplante Strecke von Freudenstadt über Musbach nach Pfalzgrafenweiler.
Die Karte ist dem Heimatbuch Pfalzgrafenweiler entnommen. Die Bittschrift liegt im Archiv Musbach.
Ermittelt und aufgeschrieben von Hans Rehberg.
Letzte Änderung am 15.03.21