Klage gegen Schultheiss

Klage gegen den Schultheißen Michael Bohnet im Jahr 1782 

Im Musbacher Archiv finden sich eine Klageschrift gegen den Schultheiß Michael Bohnet wegen falsch abgerechneter Zollgebühren.
Diese Klage führte dazu, dass Bohnet nach 23 Dienstjahren abgesetzt wurde.

Nachfolgend die wortgetreue Editierung der Klageschrift in Kursivschrift. 
Rückseite


Obermuspach
Protocollum
über die wieder den Schultheiß MichaelBohnet,
als Zoller und Accisher,
ein-geklagte Zoll- und Accis-Defrau-dationen.
Ad: 20.n März 1782 

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Actum 29 No 3

Klosterreichenbach
Actum den 20. März 1782
Vor Oberamt


Johannes Mast, Hirschwirth, Johannes Braun, Bauer und Martin Bohnet, Bauer, samtlich von Obermusbach, hiesiegen Oberamts,
machen vor sich und im Nahmen ihrer Mitbürger die Anzeige, daß der Schultheis und zumalige Zoller und Acciher Michael Bohnet bei ihnen, mit Einzieh- und Verrechnung des Zolls und Accihes schon geraume Zeit her nicht redlich und gewißenhaft zu Wert gegangen sein müße, maßen sie und ihre Mitbürger in dem Quartal von Martini 1780 biß Lichtmeß 1781 folgendes Scheuterholz verkauft hätten, und zwar: 

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Martin Mast  12 Klafter,
Martin Bohnet  4,
Johannes Mast  14,
Martin Wurster  8,
Michael Wurster  4,
Johannes Braun  3,
Jacob Seeger  8,
Johannes Züflen  18,
Michael Hofer  16,
Jerg Friedrich Klumpp  7,
Bernhard Frei  10
und Schultheis Michael Bohnet selbst  6,
zusammen 110 Klafter.
Von diesen wären, wie sie gewiß wüsten, mehr nicht, als höchstens 20 Klafter ins Land verkauft worden, die übrige alle aber außer Lands gegangen, und auf Wägen, die teils mit 4; 

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teils mit 5; teils mit 6 Pferden bespannt gewesen, weggeführt worden.
Stelle man nun über den davon schuldigen Zoll eine Berechnung an, so habe der Zoller Bohnet einzuziehen gehabt, von 20 Klafter; die ins Land verkauft worden, a 3 Kreuzer …= 1 Gulden.
Von denen übrigen – außer Land gegangenen 90 Klafter wüßten sie zwar nicht eigentlich anzugeben, wie viel davon auf Wägen mit 4; 5; oder 6 Pferden bespannt weggeführt worden, nehme man aber an, daß von jeder Gattung 1/3tel weggegangen, so betrage der Zoll auf
30 Wagen mit 4 Pferden bespannt, a 15 Kreuzer = 7 Gulden 30 Kreuzer ___ 8 Gulden 30 Kreuzer, 

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30 Wagen mit 5 Pferden bespannt, a 18 Kr = 9 f und
30 Wagen mit 6 Pferden bespannt, a 21 Kr = 10 f 30 Kr,
so dann sowie einer gedachtem Quartal wenigsten 15 Wägen mit Brettern verkauft worden, wovon 14 ins Land gegangen, a 3 Kr = 42 kr und1 Wagen außer Lands geführt worden, macht 15 Kr, nicht weniger
Randbemerkung: n: kommt in dem Pferds-Verkauffs. Concehsions-Gelds-Register von Martini 1780 biß Lichtmeß 1781 richtig ein.

habe der Martin Wurster in oben diesem Quartal 1 Pferd pro 50 f verkauft, so an Zoll abgeworfen 50 Kr. Zusammen 21 f 17 Kr.
und solchem nach müßte von Martini 1780 biß Lichtmeß 1781 an Zoll 

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gefallen sein 29 f 47 Kr.
Der Accis aber betrage, von 110 Klafter Scheutterholz, a 2 Kr = 3 f 40 Kr
und 15 Bretter-Wägen a 4 Kr = 1 f, zusammen 4 f 40 Kr.
Dagegen habe der Schultheiß unnd Zoller Bohnet geliefert, an Zoll 15 f 27 Kr 3 Schilling?und Accis 4 f 42 Kr.  

Randbemerkung: n: Accis von 16 Bretterägen 1 f 4 Kr, 109 Klafter Scheutter-Holz a 2 Kr = 3 f 38 Kr. Zusammen 4 f 42 Kr.

Mithin an Zoll zu wenig 14 f 19 Kr 3 Schilling?
welches daher rühre, weil Zoller denen meisten ausländischen Fuhrleuthen, welche Scheutterholz ge- 

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kauft, und auf Wägen, die mit 5,; auch 6 Pferden bespannt gewesen, weggeführt, keine Zoll-Zeichen, sondern nur geschriebene Zettel gegeben und das Geld in Beutel geschoben, welches sie mit Zeugen hinlänglich zur weisen in Stand wären.
Sie wollen demnach gebeten haben, über das bereits angebracht nicht nur, sondern auch über die viele Accis-Defranrationen, welche Bohnet während seines führenden Accis-Amts begangen, genaue Untersuchung anzustellen, und den Befund gemäß zutre fügen: Unterschriften
noic? omazire?
Johannes Braun
Johannes Mast!

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sich zum Beweiß erboten haben wollten.
Unterschrift Johannes Mast
Unterschrift Michael Hofer

Hierauf wurde der Schultheis, Zoller und Acciser Michael Bohnet vorgefordert, und über samtlich wieder ihn angebrachte Klagpunkten constituirt; worauf derselbe zu seiner Verantwortung sich folgender gestalten Vernehmen laßen:
Was die ihm aufbürden wollende Zoll Defrandation anbelange, so wiße er darauf weiter nichts zu antworten, als daß er auf Pflichten und Gewißen nehmen könne, von all demjenigen, was ihm zu Verzollen vorgekommen, die Gebühr, nach Maaßgabe der Herzoglichen Zoll-Ordnung, richtig eingezogen und das empfangene bei jedes- 

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maliger Zoll-Abrechnung acccurat geliefert zuhaben.
Kläger sein nicht im Stand mit Zuverläßigkeit zu behaupten, wie viel von denen verkauften 109 Klafter Scheutterholz ins Land, oder außer Lands gegangen, und folglich eben so wenig Vermögend eine Berechnung über den eingezogenen Zoll anzustellen.
Ihr Vorgeben seie demnach ungegründet, und er könne ein vor allemal genug davor thun, daß er allen eingezogenen Zoll richtig geliefert und sich nicht im mindesten eine Veruntreuung zu Schulden kommen laßen.
Das könne er nicht in abrede ziehen, daß, wann er sich zuweilen rorigert, daß ihm

Randbemerkung: in dem Quartal von Georgii biß Jacobi 1781 

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Ex post zeigen die Kläger noch weiter an, daß Schultheiß Bohnet von dem bezahlten Zoll von 2 Paar Ochsen, welche nachher Straßburg getrieben worden, auch keine Zollzeichen – sondern nur geschriebene Zettel abgegeben – des Schultheißen Eheweib von der Antoni Schäfers zu Grünmetstetten. Knecht, welcher bei Martin Bohnet 1 Wagen voll Scheutterholz mit 6 Pferden bespannt abgeholt, unter der deutlichen Äußerung nur 18 Kr Zoll eingezogen, weil selbiger 1 Schoppen Wein bei ihr getrunken, mithin ihm 3 Kr geschenkt
– und der Schultheiß schon seit geraumen Jahren kein Accis-Register mehr vor der Gemeinde abgelesen, sondern alle Quartal nur vor sich  

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und sozusagen im Verborgenen ausgefertigt
– und, wie sie nicht ohne Grund vermuteten, mehrmalen der Fleken Richters Martin Wursters Nahmen mit rigener Hand darunter geschrieben hätte.
In dem Quartal von Martini 1779 bis Lichtmeß 1780 habe Schultheis Bohnet dem Hirschwirth Johannes Mast nur 1 Breter- und 10 Scheutterholz-Wägen in den Accis-Zettel gebracht: Mast aber Vermute, daß er damals mehr Scheutterholz verkauft und den Accis davon bezahlt habe, und die nehmliche Unrichtigkeit werde auch bei anderen Vorwalten, weßwegen sie nun die Untersuchung dieser Angaben ebenfalls gebeten
– und 

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Mithin wäre an Zoll doch zu wenig geliefert worden.
9 f 25 Kr 3 Schilling
Beklagter antwortet dagegen: die Kläger könnten ein vor allemal nicht gewiß bestimmen, wie viel Klafter Holz inner- oder außer Lands gegangen, und folglich könne auch ihm keine Nachsuchung über den eingezogenen Zoll gemacht werden.
Genug! daß er auf seine Pflichten und Gewißen nehmen wolle, allen eingezogenen Zoll richtig geliefert und nicht mehr, als er geliefert, eingezogen zu haben.
Gleiche Beschaffenheit habe er mit dem Einzug und der Verrechnung der Accihes. Man solle, solange er das Zoll- und Accis-Amt begleite, 

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die Quartal-Rechnungen nachschlagen; so werde sich deutlich zu Tag legen, daß er an Zoll und Accis immer mehrers, als seine Antecefores geliefert, mithin das Herr- und Landschaftliche Interesse zu befördern und zu vermehren sich angelegen sein laßen.
Was die weitere Delata der Kläger anbelange, so wolle er nicht in Abrede ziehen, in dem Quartal von Georgii biß Jacobi 1781 vor
-aus dem Fleken Verkäuffe 2 paar Mastochsen anstatt der Zoll-Zeichen nur geschriebene Zettel ausgegeben zuhaben. Solches seie von ihm mehrmalen, aber einig wegen Mangel an Zoll-Zeichen, geschehen, kein Betrug dabei gespielt war. 

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Vor dem Quartalsfluß die Zollzeichen ausgegangen, Er denen Fuhrleuthen, Viehkäuffern und anderen, vor den bezahlten Zoll geschriebene Zettel oder Scheine ausgestellt: Allein! das empfangene Geld habe er jedesmalen in die Zoll-Lade gelegt und an die Behörde geliefert, welches er auf sein Gewißen nehme.
Hierauf wurde dem Beklagten die Instanz gemacht: Nach dem Accis-Register von Martini 1780 biß Lichtmeß 1781 habe der Verkauf von 16 Bretter-Wagen und 109 Klafter Scheutterholz, auch des Pferds von Martin Wurster, seine Richtigkeit;
Nun seie allgemein bekannt, daß von dem Scheutterholz der größte Theil außer 

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Land gegangen, und davon kein Wagen, der nicht wenigsten mit 4 Pferden bespannt gewesen, weggeführt worden.
Wolle man nun bei Berechnung des Zolls bei dem niedrigsten Ansaz stehen bleiben, so müßte an Zoll eingegangen sein, von20 Klafter Scheutterholz die ins Land verkauft worden, a 3 Kr = 1 f,
89 Klafter die auf lauter mit 4 Pferden außer Lands gegangen, a 15 Kr = 22 f 15 kr,
16 Brettwagen, so alle ins Land gekommen, a 3 Kr = 48 Kr,
und von 1 pro 50 f verkauften Pferd = 50 Kr,
zusammen 24 f 53 Kr 

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und das eingezogene richtig an die Behörde geliefert worden, wofür er genug thun könne.
Das sein Eheweib von des Antoni Schäfers Knecht zu Grünenmetstetten von 1 Wagen voll Scheutterholz 3 Kr Zoll weniger als er schuldig gewesen, eingezogen, um willen derselbe 1 1 Schoppen Wein bei ihr getrunken, seie eine Boßhaft aus Haß und Neid entsprungner Erdichtung der Kläger welche sie zu erweisen niemalen im Stand sein werde.
So oft er zur Zoll- und Accis-Lieferung nachen Reichenbach beschieden worden, habe er allsmal die ganze Bürgerschaft in sein Haus berufen laßen, um das Accis-Register vor ihnen zu lesen? 

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lasen;
Schon einige Jahre her aber seie von ihnen entweder gar keiner erschienen, oder nur ein paar erschienen, und er folglich genötigt worden, die Accis-Register unabgelesen zum Ober-Accis-Amt reinzuliefern, jedoch habe ihm der Fleken-Richter die Richtigkeit derselben jedesmalen verurkundet
.Auf den Gegenhalt aber, daß solches auch nicht immer geschehen sein müße, vielmehr der Verdacht auf ihn gefallen, daß er selbst des Fleken-Richters Martin Wursters Nahmen mehrmalen unter die Accis-Register gesezt habe, woltte er solches durchaus nicht auf sich kommen laßen.
Allein! da man ihm die 4 Accis-Register von Lichtmeß 1777/78 Vorge-

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legt, und darinnen deutlich gezeigt, daß solche durchaus von seiner eigenen Hand geschrieben und sowohl mit seiner eigenen – als des Fleken-Richters Martin Wurster Unterschrift augenscheinlich und unwiedersprechlich bezeichnet worden; so entschuldigte er sich damit, daß er sich als ein alter Mann nicht mehr auf 5 Jahre zurük erinnern könne, ob er des Martin Wursters Nahmen geschrieben, oder nicht?
wenn es aber so geschehen; so habe ihn einig dieses dazu veranlast, weil er den Richter Martin Wurster nicht zur Hand bringen können, und man doch beim Ober-Accis-Amt seine Mitunterschrift gefor-

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dert, er aber in seinem Gewißen überzeugt gewesen, daß er von dem gefallenen Accis nichts außen gelaßen und unterschlage, sondern seinen Pflichten ein völliges Genügen gethan, welches er noch gegenwärtig mit reinem Aid zu erharten erbötig seie.
Seine Verantwortunmg beurkundet eigenhändig,
Unterschrift Michael Bonet  

Dokument aus dem Archiv Musbach.
Ermittelt und aufgeschrieben von Hans Rehberg.

Letzte Änderung am 12.03.21