Geschichte der 600-jährigen Bauernsägemühle
– die alte Nr. 12, heute Sägmühlweg –
Im Urbar* (Grund- und Steuerbuch) des Klosters Reichenbach von 1427 ist auch die Gemeinde Obermusbach beschrieben. Unter anderem wird von der Mahlmühle und von der neu erbauten Sägemühle berichtet. Die Mahlmühle stand unterhalb der Sägemühle in der Wiese vom heutigen Haus Klosterstr. 17.
Die Sägemühle steht heute vermutlich noch an dem ursprünglichen Platz.
Die Mahlmühle durfte vorrangig vor der Sägemühle mahlen. Auswärtige durften auch auf der Mahlmühle mahlen, mussten jedoch den Einheimischen den Vortritt lassen.
So wie auf diesem Beispielfoto könnte die Wasserzufuhr zur Mahlmühle ausgesehen habe. Der Mühlkanal besteht noch und wurde bis vor etwa 50 Jahren noch zur Bewässerung der Wiesen genutzt.
Vom noch bestehenden Mühlenkanal im Mühlhaldenhang könnte wie in diesem Beispiel das Wasser auf das Mühlenrad geleitet worden sein. Auf obigen Fotos ist als Beispiel für eine Mahlmühle in einem Wiesental mit Wasserzuführung über einen Hangkanal die Landwasserhofmühle in Oberprechtal zu sehen.
Bei der Sägmühle galten die gleichen Regeln, Auswärtige durften auch sägen, jedoch nur dann wenn kein Obermusbacher sägen wollte.
Die Nutzer der unterhalb der Mahl- und Sägmühlen gelegenen Talwiesen hatte jedes Jahr im April und im Herbst das Recht auf eine 14tägige Wässerung der Wiesen. Während dieser Zeit war dann kein Mühlenbetrieb möglich.
Die Festlegungen wurden 1425 dem Schreiber des Urbar bei einer Befragung von den Obermusbachern mitgeteilt und vorgegeben. Bei der Befragung haben je einen Bürger aus Untermusbach, Igelsberg und Pfalzgrafenweiler mitgewirkt. Jedes Jahr zum Gerichtstag wurden diese Festlegungen öffentlich vorgelesen und jedem Obermusbacher kundgetan.
Das Urbar wurde über die Jahre fortgeschrieben und mit einem neuen Lagerbuch im Jahr 1667, nach Übernahme des Klosters durch Württemberg erneuert**.
In diesem Lagerbuch von 1667 wird geschrieben, dass die Mahlmühle schon seit einigen Jahren, also etwa 1648, abgebrochen ist. Der Hof auf dem die Mahlmühle stand ist an Michael Ziflen verpachtet, der hierfür Pachtzins zahlt. Michael Ziflen war zu dieser Zeit Schultheiß-Amtsverweser.
Die Obermusbacher lassen in der Mahlmühle von Untermusbach mahlen und müssen hier für eine Abgabe zahlen. Die Sägmühle ist 1667 in Betrieb und für die Nutzung werden Sägetage festgelegt. Folgende Obermusbacher haben Sägetage, wobei aus der Anzahl der Sägetage auf die Besitzgröße geschlossen werden kann, da mit Gründung der Sägmühle jeder Lehenshof einen Sägetag hielt.
Georg Masten———1 Sägetag,
Georg Raiblen——–1 Sägetag,
Conrad Ziflen———1 Sägetag,
Thoma Bonath——–1 Sägetag,
Conrad Clauß———1 Sägetag,
Michael Ziflen——–1,5 Sägetage,
Georg Morath———1,5 Sägetage,
Christ Weisser——–2 Sägetage,
und die Jungbauern:
Michael Seeger——-1 Sägetag,
Christ Winterer——-1 Sägetag.
Die Sägetage wurden auch vererbt und verkauft. Hierbei war auch eine Halbierung oder Drittelung des Sägetages möglich.
Der Sägetag entsprach den Nutzen, den der Eigentümer aus seinem Anteil an der Sägemühle erhielt. Dies geschah in der Form, dass der Sägetag das Recht auf die kostenlose Nutzung der Sägmühle über einen bestimmten Zeitraum entsprach. Hierbei entsprach 1 Sägetag an der Obermusbacher Sägmühle in der jüngerem Vergangenheit der Zeit von 2 1/2 Arbeitstagen.
Dies war bei den Sägmühlen jedoch unterschiedlich geregelt. Laut Aussage eines Teilhabers entsprach zum Beispiel 1/4 Sägetag an der Kohlsägemühle im Zinsbachtal früher einer Sägeberechtigung von 12 Festmeter Holz. Da an dieser Säge pro Tag etwa 10 Festmeter gesägt werden konnten, entsprach ein voller Sägetag also die Berechtigung zum Sägen von 48 Festmeter Holz, somit in etwa 5 Tage.
An den übrigen Tagen, die nicht durch die Teilhaber belegt waren, konnte der Säger der Sägemühle zum Eigennutzen Holz sägen.
Berücksichtigt werden muss auch, das die Obermusbacher Sägemühle in der ersten Zeit als Plotzmühle mit nur einem Sägeblatt betrieben wurde und damit die tägliche Sägeleistung nur einen geringen Teil einer moderneren Gattersäge entsprach.
Im Lagerbuch von 1667 wird noch als Holzrückeweg die Plöchergasse beschrieben, die vom Plöcherwasen (heute Gaudi-Spielplatz) den Hang hinunter, durch den kleinen Wald, zur Sägemühle führt.
Die Plöcherwasen ist der Platz, auf der die zum Sägen bestimmten Stämme ( Plöcher 1) ) zwischengelagert wurden.
Frau Ochsenwirth Seeger Wittwe Franzißka geb. Frey verkauft unter dem 1. Mai 1876 an die Sägmühlgesellschaft zu einem Klötzplatz oder Holzlagerplatz Güterb. I.B. Blt. 169b: von ihrem Stük Graß und Baumgarten Karte XII Parzelle 13 mit 53 a 62 qm zusammen 9 a 36 qm. Der Lagerplatz wird entsprechend der Anzahl der Sägetage auf die 10 Theilhaber Seeger Wittwe, Johannes Schanz, Johannes Mast, Friedrich Braun Schultheiß, Georg Kappler, Friedrich Hofer, Adam Bohnet Witwe, Friedrich Schwemmle, jung Adam Bohnet und Michael Schneider aufgeteilt.
Bestimmungen sind folgende:
1. Sämtliche Theile werden als unzertrennlich der Sägmühlgesellschaft einverleibt, daher wenn ein Theil der Sägmühl verkauft würde so muß selbstverständlich nach dem verkauften Antheil der Holzlagerplatz auch nach Verhältniß dazu gegeben werden.
2. Steuern und sonstige Abgaben gehen vom 1. Juli dieß Jahr an auf die Sägmühlgesellschaft über.
3. Die Kosten des gerichtlichen Erkenntnißes bezahlt die Sägmühlgesellschaft so auch den Holzlagerplatz, sowie die Vermarkung.
Sämtliche Theilhaber der Sägmühl erklären sich mit der Vertheilung einverstanden und genehmigen vorstehenden Vertrag durch ihre Unterschriften.
Verkäuferin Franziska Seeger
Schultheiß Braun Bohnet Schanz Schwemmle Kappler Hofer Schneider Mast Bohnet
Im Kirchenregister von 1665 finden wir folgenden Eintrag: Am 24.4.1665 ist Maria Mast, die Tochter von Genoveva Mast durch einen Unfall in der Saege um Leben gekommen. Es heißt: „Maria ist under der Seegmühl verdrückt worden“.
In Steuerunterlagen KLST-1) von 1743 finden wir den Hinweis, dass im Jahr 1742 in der Obermusbacher Plotzmühle aus 500 Stämmen 5000 Bretter gesägt wurden.
Nach dem Brandversicherungsbuch von 1779 ist das Gebäude 1790 und dann nochmals im August 1802 abgebrannt und jedes Mal wieder aufgebaut worden.
Im Gewerbe-Katasterbuch von 1821 sind für die Lehensbauernschaft als Säger für das Jahr 1824 als Gewerbesteuer 2 Gulden 12 Kreuzer eingetragen. 1837 sind 5 Gulden 12 kr und 1841 dann 7 Gulden 12 kr eingetragen.
Für den Säger wurde 1874 die Säge um einen Wohnteil erweitert. Im Grundkataster von 1909 wird die Sägemühle mit Wohnung gelistet.
Im Feuerversicherungsbuch von 1890 ist folgende Ausrüstung aufgelistet:- eine Zuflußgerinne von tannenen Dielen mit Holzunterlage, einfacher Arbeitsfalle und Leerlauffalle, 10,20 m lang, 1,40 m breit und 1,24 m tief,- ein oberschlächtiges Wasserrad von Forchenholz mit 4,50 m Durchmesser und 0,85 m breite, mit Wallbaum von Forchenholz 5,00 m lang und 0,60 m Durchmesser, Stein- und Holzlager sowie Schaufelzapfen, zwei Holzrosetten auf dieser Welle,- ein Kammrad von Eichenholz mit 2,08 m Durchmesser und 102 Holzkämme, zwei eiserne Rosetten,- fünf Zentner eisernen Anschlag,- eine Transmissionswelle 1,40 m lang, 114 mm Durchmesser, Metalllager,- ein Stirnrad von Eisen mit 100 mm Durchmesser, 120 mm breit,- ein Stirnrad von Eisen 180 mm Durchmesser, 150 mm breit,- eine Transmissionswelle für Kreissäge und Blockeinzug 1,70 m lang, 57 mm stark, Metalllager, eine Voll- und eine Leerrolle 0,70 m Durchmesser, 110 mm breit,- eine Rolle 1,10 m Durchmesser, 150 mm breit,- eine Rolle 0,34 m Durchmesser, 130 mm breit samt Riemen,- 23 Zentner eisernen Anschlag.
Nach dem 2. Weltkrieg und der Zeit des Wiederaufbaus wurde auch die bereits baufällige Sägemühle 1954 erneuert. Näheres im untenstehenden Zeitungsartikel.
Der Sturm Lothar verursachte am 25.12.1999 einen großen Schaden. Umstürzende Bäume zerstörten das Dach und Teile der Sägeeinrichtung.
Im Jahr 2008 wird die Bauernsäge, nachdem sie Jahrhunderte im Besitz der Lehensbauernschaft war, an einen neuen Eigentümer aus Rottweil verkauft.
Im Jahr 2014 erfolgte ein Weiterverkauf an einen Obermusbacher Unternehmen. Heute wird mit einer kleinen Wasserkraftturbine elektrische Energie erzeugt, die ins öffentliche Netz eingespeist wird. Die Sägeeinrichtung ist noch nicht wieder Instand gesetzt.
1)Aus Allgemeine Forst- und Jagdzeitung 10. November 1834: Die Plöcher sollen nach der allgemeinen Waldordnung 20 Schuh lang sein und einen Durchmesser von 30 bis 18 Zoll haben.*Das Urbar ist unter H102/63 Bd.1 im Landeshauptarchiv Stuttgart einsehbar. * *Das Urbar ist unter H102/63 Bd.10 im Landeshauptarchiv Stuttgart einsehbar. Literaturhinweis:Das älteste Urbar des Priorats Reichenbach von 1427 / Regina KeylerSoll und Haben / Regina KeylerOrtssippenbuch Grüntal / Günher FreyErste Hinweise habe ich von Heinz Bauer aus Untermusbach.***Alter Postkartendruck von K.Bies „Sägmühle im Forbach bei Freudenstadt“KLST-1) Archiv Baiersbronn Steuerunterlagen 1736 Closteramt Reichenbach.
Erstellt von Hans Rehberg
Letzte Änderung am 20.10.21