Kirchenstreit

Der Streit mit der Landesregierung um den Zuschuss zum Neubau der Kirche (Kapelle)

Ein Teil des Schriftverkehrs mit der Landesregierung ist hier wiedergegeben.  

Kreis Schwarzwald

Oberamt Freudenstadt Obermusbach
Die Ortsvorsteher und der Gemeinderath von Obermusbach
bitten allerunterthänigst daß seine Majestät zu
Wiederaufbau der abgebrannten Kirche in Obermusbach bei der gänzlichen Unzulänglichkeit
des dortigen ….. aus der Staatskasse einen allergnädigsten
Beitrag geben möge. 

Seine Königliche Majestät 

In der Nacht vom 24 esten auf 25 Mai vorigen Jahres ist neben 10 Häuser und mehreren Nebengebäuden auch die Kirche und er Thurm in Obermusbach bis auf das Gemauer abgebrannt.
Die Kirche war erst vor 33 Jahren neu erbaut worden. In Berücksichtigung ……… welchem die Baulast obliegt, hatte damals der vormalige Kirchenrath 2000f (Gulden) beigetragen, und die Obermusbacher hatten außer dem Bauholz, der Schnittware und der Frohn nur etwa 200 F (Gulden)auf sich zu leiden.
Da die Unvermögenheit des (pii coopot) noch immer besteht, ja unter dem Drange der Zeiten viel mehr als es zugenommen hat, Da die Gemeinde Obermusbach, welche im Ganzen nur 14 Bürger zählt, bei dem großen Unglück das sie betraf indem bei sich schnellen Umsichgreifen der Flammen nur sehr wenige Habseligkeiten gerettet werden konnten, gegenwärtig nicht im Stande ist aus eigenen Mitteln etwas zu thun, so bitten wir allerunterthänigst, daß seine königliche Majestät einen allergnädigsten Beitrag zur Wiedererbaung der Kirche in Obermusbach leisten möchte, wir fügen noch die besondere allunterthänigste Bitte hei, daß, da es der sehnlichste Wunsch sämtlicher Einwohner von Obermusbach ist, bald möglichst und wenn es immer sein könnte, im Laufe dieses Sommers noch eine Kirche zu erhalten.
Seine Königliche Majestät allergnädigst gerufen möchten die nöthigen Einleitungen zur Wiedererstellung gedachter Kirche in gefälliger Bälde treffen lassen zu wollen.
Wir verharren in tiefer Ehrfurcht 
Euer Königliche Majestät
aller unterthänigst

Pfarrer in Grünthal M.Hauff

Schultheiß und Gemeinderath von Ober-Mußbach
Johannes Hofer
Adam Bohnet
Martin Seeger
Martin Ziefle
Friedrich Klumpp
Georg Bauer  



Grüntal 23. Juli 1824 
Mit dem heutigen Tag versammelte Pfarrer den Gemeinderat von Obermusbach zu sich um demselben den Erlaß der Königlichen Kreisregierung vom 3. Ju1i dieses Jahres, das Kirchenbauwesen in Obermusbach betreffend, vorzulegen und seine Erklärung zu vernehmen. 

Der Gemeinderat erklärt ‚folgendes: Die Gemeinde Obermusbach sie sei nicht vermögend aus dem geringen Betrag von 600 Gulden das Kirchenhauwesen zu unternehmen, in dem keine Möglichkeit vorhanden sei, die übrigen Ihr sie, welche durch das Brandunglück vor 2 Jahre so vieles gelitten haben, so bedeutende Summen aufzubringen. Sie müßten daher auf Wiederherstellung ihrer Kirche auf selbigem Ort Verzicht tun, so sehnlich sie auch gewünscht hätten wieder eine eigene Kirche zu erhalten.
Übrigen haben sie die feste Überzeugung daß die Baulast von der Kirche nicht auf der Gemeinde sondern auf dem ehemaligen Kirchenrat, jetzt als auf aller günstigster Herrschaft Ruhe, und daß der vor 33 Jahren gegebene Betrag bei Erbauung der jetzt abgebrannten Kirche, um die Herrschaft 2000f (Gulden) und die Gemeinde nur etwa 1OOGulden nebst Holz und Frohn auf sich nahm, nicht blos Gnadenlohn gewesen, sei den darum würde doch der Kirchenrat so bedeutende Summen aufgewendet, und das ganze Bauwesen den damaligen herrschaftlichen Baumeister Gros haben leiten lassen, wenn er nicht eine Verbindlichkeit dazu gehabt hätte.
Der Gemeinderat habe auch gleich in seiner ersten Eingabe wegen Wiedererbaung der Kirche –die allergnädigste Herrschaft bitten wollen, daß dieselbe nicht als Gnadenerlaß sondern als Verbindlichkeit zu übernehmen, aber das Kameralamt Dornstetten, bei welchem über das Bauwesen an der Kirche vor 33 Jahren geführte Rechnung liege, habe auf die Erkundigung des Gemeinderats erwidert, daß die damals übernommene Baulast blos Gnadensache gewesen sei, welch Ansicht auch das vorgesetzte gemeinschaftliche Oberamt geteilt habe, weswegen auch in oben angeführter Eingabe anders gefasst worden sei.
Damit nun aber eine vollkommene Gewissheit darüber erlangt werde, als was denn der Beitrag den die Herrschaft vor 33 Jahren mit mehr als 2000f (Gulden) gegeben anzusetzen sein möchte, so bitten sie die Höhere Behörde alluntertänigst, daß dieselbe dem Kameralamt Dornstetten den Auftrag gebe, es solle die über das Bauwesen geführte Rechnung vorlegen, oder wenigstens einen wörtlichen Auszug aus gedachter Rechnung zur Einsicht der Höheren Behörde fertigen, damit diese sich selbst davon überzeugen möge, daß die Baulast nicht auf der Gemeinde ruhe.
Im übrigen bitten wir um möglichste Beschleunigung dieser Angelegenheit. 
Diese Erklärung bezeugen mit ihren Unterschriften

Schultheiß und Gemeinderat von Obermusbach
Seeger
Joh.Hofer
Bohnet
Wurster
Peter Braun 

Die Richtigkeit der Unterschriften (Abschrift) beurkundet Pfarrer in Grüntal und Obermusbach 
M. Hauff   


Schreiben v. 01.12.1824                   KB 17 
Obermusbach
Oberamt Freudenstadt
Schwarzwaldkreis
 
Den 1 .Dezember 1824 

Pfarrer, Schultheiß und Gemeinderäthe 

Königliche Majestät 

In Obermusbach bitten alle untertänigst um allergnädigste Entscheidung‚ wegen der Baulast von der abgebrannten Kirche Daselbst, unter Beziehung auf den 1 .September dieses Jahres Eingegangenen Bescheid des gemeinschaftlichen Oberamts Freudenstadt. 
Unter dem 1 .September dieses Jahres hat das gemeinschaftliche Oberamt Freudenstadt den geforderten allerunterthänigsten Bericht wegen der Baulast von der Kirche von Kirch zu 0bermusbach erstattet.
Dazwischen ist uns aber noch keine allergnädigste Resolution zugegangen. Da uns aus verschiedenen Gründen viel daran gelegen ist, dass womöglich im Frühling des nächsten Jahres das Kirchenbauwesen vorgenommen werde, so bitten wir um allergnädigste Entscheidung wegen der Baulast und verharren in aller tiefster Ehrfurcht. 

Euere Königliche Majestät  
Allerunterthänigste 

Pfarrer Johann Gofflieb Hauff

Schultheiß und Gemeinderat
Johannes Hofer
Johannes Wurster
Peter Braun
Martin Ziefle
Adam Bohnet   

Freudenstadt, den 28 esten Mai 1823 
Beibericht des gemeinschaftlichen Oberamtes
zu der Bittschrift der Ortsvorsteher
in Ober-Musbach, deren Ersuch am einen Beitrag
aus der Staatskasse zu Wiederaufbauung ihrer abgebrannten Kirche.  

Dem Brandunglück, das den Filialort Ober-Mußbach am 24 esten Mai vorigen Jahres getroffen hat, ist auch der Thurm und die Kirche bis auf die Grundmauer in Asche gelegt worden. Dieser Ort dessen Seelenzahl sich auf 138 beläuft, hatten von jeher eine eigene Kirche, worin der Pfarrer von Grünthal die Communiontagen, Predigt, monatlich eine Katechisation, alle Taufen, Leichen und Hochzeitpredigen zu halten hat; die Einwohner aber behaupten bis auf die neuesten Zeiten das Lob einer geordneten Gemeinde. und deren Ruhm fleißigen Kirchenbesuchs.
Nur seit wenigen Jahren hat jedoch der Pietismus Eingang unter ihnen gefunden, der sie geneigt macht, eher Privatversammlungen als der öffentliche Gottesdienst anzufangen; dazu berechtigt sie jetzt scheinbar der Mangel an einer Kirche, und es ist zu befürchten, daß sie vollends zum Separatismus übergehen, wenn sie lange ohne eine Kirche bleiben sollten.
Die Last einer Wiederaufbauung hat die Heiligen Casse des Orts zu tragen; allein aus dem Anliegenden ergibt sich auf den ersten Blick, daß diese Casse einem solchen Auftrag nicht gewachsen ist, da ihr jährliche Einnahmen auf 72f (Gulden) 51 Kreuzer die Ausgaben aber 73 E (Gulden,) 3 Kreuzer sich belaufen.
Die Einwohner selbst gehören zwar nicht zu den unbemittelten, aber derselbe Brand hat auch ihre Kräfte bedeutend geschwächt, in dem die größere Mehrzahl nicht blos Häuser und Scheunen, sondern auch meist ihre Habe dadurch verloren hat.
Einer kräftigen Unterstützung sind sie daher bedürftig und würdig und wie in den Jahren 1788-1792 aus dem Kirchenguth mehr als 2000 fl (Gulden), nach den Rechnungen des ehemaligen Klosteramts Reichenbach, auf Wiederherstellung der Kirche in Ober-Mußbach verwendet worden sind, so muß sich auch jetzt die Gemeinde auf einen erheblichen Beitrag aus der Staatskasse verlassen weil ihr einzig dadurch die Wohlthat einer Kirche wieder zu theil werden kann. 
Freudenstadt, den 28 esten Mai 1823
Königlich gemeinschaftliches Oberamt

Oberamtmann Martz und Dekan M.Zwilling   




Etat des Kirchenorts in Obermusbach 

Einnahmen:
Unabhängige Hellerzinsen      4 Guld. 12 Kr.
Capitalzins aus 1433 Guld.   56 Guld. 39 Kr
.Legate                                      2 Guld.
Opfer                                       9 Guld.
Bahrtuch Zins                          1 Guld
…………………………………………………………………………………….
Insgesamt                               72 Guld. 51 Kr.  

Ausgaben:
Heuriger Zins zum Cameralamt Dornstetten 34 Kr. 3 Hel. 
Zu den Verwaltungen                                   8 Guld.
Be..unL                                          31 Guld. 35 Kr.
Ausgaben für das Heilige Abendmahl          9 Guld.
Beitrag zum Schulfonds                      2 Guld. 24 Kr
Zur Schullehrer C-Gesellschaft                   1 Guld.
Für erkaufte Bücher                           2 Guld. 30 Kr.
Zubringen und Taglöhnen                            8 Guld.
Schulkonferenz                                            2 Guld.
Schreibuttensilien                                       4GuId.
Insgemein                                                    6 Guld
………………………………………………………………………………………………..
Insgesamt                               78 Guld. 3 Kr. 3 Hel. 

Es ergibt sich bei der Vergleichung ein Defizit, rechnet man noch dazu die Unterhaltungskosten der Kirche wenn die wieder gebaut sein sollte, welche per Jahr wenigstens auf 20 Guld. Zu veranschlagen sind, so zeichnet auch noch mehr die Unvermögenheit der hiesigen Confizianten.
 
Die Richtigkeit vorstehender Angaben beurkunden:

Pfarrer in Grünthal und Obermusbach
Johann Gottlieb Hauff
 
Schultheiß und Stiftungsrath von Obermusbach
Johann Hofer
Adam Bohnet
Martin Seeger 




Nach 20 Jahren wurde dann der Prozeß abgeschlossen:


Alle Schreiben wurden von Heinz Bauer aus Untermusbach gefunden und reproduziert.
Aus: Hauptstaatsarchiv A284/78 Bü 158a, Staatsarchiv Ludwigsburg E 177 I Bü 3110, Staatsarchiv Sigmaringen Wü 125/12 T1 Nr. 339 und Wü 28/3 T1-9, 12 Nr. 3352
Erstellt von Hans Rehberg

Letzte Änderung am 17.10.21