Lagerbuch 1667 Teil 143

Das Lagerbuch von 1667
14-3. Teil – Gebräuche und Gewohnheiten –
-Wegenutzung- 


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In diesem Teil werden Gebräuche und Gewohnheiten beschrieben. Da dieser Teil sehr lang ist wurden die vorhandenen Untertitel zur Aufteilung verwendet. 
Der editierte Original-Text ist noch mit Übertragungsfehler behaftet, da die Schrift in Teilen schwer les- und übertragbar ist. Die Textkommentare sind zur Verständlichkeit kursiv.

Obermuespach Des Fleckhens Alte Gebräuch und Gewohnheiten 

Seite 430b

Wie es mit Weeg und Steeg gehalten werden soll. 

Die gemeine Land Straßen, Weeg, und Steeg, seindt die Innwohnere im Dorff, sie seyen uff Hoff- oder Taglöhnersgüethern seßhafft, schuldig, in gemeiner Frohn zue verbesseren und zuerhalten.
Ein Gäßlin genannt das Finstergäßlin gehet bey Georg Raiblens Hauß außhin und bey dem Spitzackherbohm hinauff biß an die Straß so uß dem Weilerwaldt gehet;
So ist wider ein Weeg vom Dorff außhin am Finsteren Gäßlin, 

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gehet denn Aispach hinauß, und über Michel Ziflens Gäßlinsackher im Ranckh hinauff, kombt solche Straß zuem Finstern Gäßlins: in Horber Weeg, der selbige gehet zwischen denn Güetern außhin, und sollen die Marckhstain mitten im Weg stehen;
Wann auch daßelbig Veld Frucht trägt, oder im Bann ligt, soll niemandt hinauß fahren, dann mit gefangenem Vich; Und welcher darüber führen muatwilliglich, der solle von jedem Stuckhs Vich Fünffzehen Kreüzer Ruegung geben, so halb dem Closter Reichenbach, und halb dem Fleckhen gehörig. 

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Vorbeschribene beede Weeg durch das Finstergäßlin und Michel Ziflens Gäßlins Ackher hinauff, und durch Georg Masten Junge Heckhen, sollen die jenige brauchen welche Güetter daselbst hinder sich hinaus so nicht im Bann biß Martini, ligen haben, mit Tung, Heü, Frucht und anderem gebrauchen,
Ein jeder dem nechstn nach uf das sein. 
Item am Finstern Gäßlin gehet wider ein Fahrweg hinaus bis uff Georg Morath Aispach Ackher, den hatt man zugebrauchen mit Tung und Heü uff die Mauren Äckher, und bis uff denn Hohen Rhain, welcher zwischen Georg Raiblin, und Michel 

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Ziflen ligt, die andere aber welche Äckher under dem Rhain ligen haben, sollen der gemeinen Straß nach denn Espach hinaus und zueletst hinden über Georg Morats Ackher hinauff fahren. 
Die Jenige welche Güetter am Horber Weeg ligen haben, sollen über Michel Ziflens Gäßlinackher denn Ranckh hinauff fahren. 
Eine gemeine Land Straß gehet vom Dorff abhin zwischen denn Aispach und denn Wisen gehen Undermuespach. 
In Anno 1658 ist bey gehaltenem Jahr Gericht zue Reichenbach, Michel Seite

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Ziflen zue Obermuespach, zue Clag kommen, daß Ihme von der Bauerschafft ein neüer Weeg mit Thill füehren, in seinem Ackher genannt der Dirrenbach gemacht werden wolle; darauff ist im Jahrgericht solcher Weg verboten, und hingegen befohlen worden, daß man das Schafloch der Straße nach hinauff fahren solle. w. 
Fernner gehet an Georg Raiblens Bohmgartten am end, ein Fahrweeg überauff am Spitzackherbohm, welcher nun Güetter daselbst jenseit dem Aisterbach ligen hatt, der ist befügt , mit Tung und Heü 

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daselbst hinauff, und wider herab zuefahren, sofern hinder sich, alß der Bann weit gehet: Not: Dieses Wörtlin hinder sich bedeutet, die jenigen, welche gebannte Güeter hinaußwerts bis uff die, ußer dem Bann ligende Güetter innhaben; und ligen hinder sich hinauß Christ Weißer, Michel Ziflen, und Conrad Ziflen, nach denen selben endet sich der Bann, dise drey Personen seindt befügt, obbesagten Weeg zugebrauchen.
Item gehet oben das dorff hinaus ein Straß gehn Reichenbach, Und 

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welcher Velder under der Straß hatt, der solle dem allernechsten nach ab der Straß uff das seinige, und wider darab, mit Tung und Heü fahren. 
Item fahrt an Ein Weeg bey der Mihlen, und gehet über dem Gehrn hinaus, dennselben solle man halten, daß Er mit gehen und reiten gebraucht werden können; 
Und gehet Ein Weg durch Conrad Claußen Hoff hinauss, den hatt niemandt dann allein Georg Mast mit Tung und Heü uff einen Ackher haist die Mihlhalden zugebrauchen; 

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Und darnach waß Äckher an dennselben Weg stoßen, die sollen bey Christ Weißers Hauß die Luckhen herauff fahren, mit Tung und Heü,
Und ist derselbig Weg Understeint, und sollen die Stein mitten im Weg stehen, und waß hinder sich außstost an das Gründtlin, und an die Allmeindt, dieselbigen sollen die Gaß hinaus fahren mit Tung und Heü. 
Deßgleichen solle ein Fueßsteig gehen durch Michel Seegers Garten hinauff, bis an denn Gehrn, darnach mag ein Jeder gehen, wo Er will, soll aber keiner weder reitten noch fahren. 

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Fernners gehet eine Gaß uffhin bei Conradt Zifles Hauß, und ist oben an der Schluet ein Wehrbohm, dennselben solle Conrad Ziflen, oder wer das Guath innen hatt, offen halten, und ob durch sein fahrläßigkeit das Wasser schaden theten, so solle Er denn Weg widerumb machen, ohne der Nachbaeren Hilff,
Es were dann sach daß ein gewalt kommen thete, und Er selbiges zue behaubte nicht Vermöchte, solle derselbige entschuldiget, und desthalb nit gefährt sein;
Waß aber berüehrter Conrad Ziflen in obigen Wehrbohm für wasser behalten, und auff 

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sein Guath nutzen kan, das solle Ihm niemandt verwehren, noch entziehen;
Vorberüehrte Gaß oder Straß außhin biß durch das Aichholz uß und uß an denn Waldt, soll dreyzehen Schue wait aein, und dennselben Weg solle niemandt mit ledigem Vich, wann das Veldt im Bann ligt, brauchen;
Solchen Weg aber ußhin und hinüber uff die Rödergüetter mag man fahren mit Tung und Heü. 
Item an derselbigen Gaßen bey dem Wehrbohm, oder bey dem Bildstockh, ist noch ein Weeg, der gehet ußhin biß uff die Krumme Äckher, 

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und über die Krumme Äckher uff und uff biß auff Diemen Madt, dene solle ein Jeder brauchen mit Tung und Heü welcher ob der Vichgaßen ligt, dem allernechsten über das sein;
Und gehet noch ein Weg bey dem Wellbohm überab, über die Vichgaßen, und welcher Veldt under der Vichgaßen hatt biß an denn Aisterbach biß in das Gründtlin, das hirvornnen hinab gehet, biß in Aisterbach, derselb hatt macht zue fahren mit Tung und Heü,
Und soll es Ihm niemandt nehmen, Will Er aber so mag Er das 

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Staiglin das zuem Bronnen gehet, hinabfehren;
Daßelbige Staiglen solle denn Weiler-Steig herauff gehen, und über Christ Winters Ackher auß und auß, und hinden im Gründtlin dem nechsten nach überein, denn Aisterbach hinibar, und schlecht darnach gehn Weiler zue;
An selbigem Gäßlin solle ein Gatter, so selber zuelauffen sein, und solchen Gatter die Gemeindt wegen bestti Ceisen Güetlin machen. 
Notend: Es hatt sich zwischen Christ Weißern, Georg Morathen, und Consorten, an einem: und Michel Zifelen, 

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anders Theils, wegen eines Fahrwegs so die Zeit her durch daß Ziflens Cuokhen und über sein Krummenackher -sein Ziflens Vorgaben nach- ohnbefüegter weiß gemacht, und gebraucht worden, strittigkeit erhoben,
Indeme Sie bemelte Persohnen alß Christ Weißer, ex Consorten, solchen weg zue berüehet Cuokhen hinein continuiren: besagt Ziflen aber solchen weg -alß nicht schuldig- fernners nit gestatten: sondern den weg zwischen sein Ziflens, und Christ Winters Krummen Äckher, in selbigem Rhein herauff weisen wollen;
Hierauff nun ist uff begehren der Partheyen ein Augenschein uff dem Veld an dem strittigen Orth eingenommen: Und nachdeme von beeden Theilen kein lebendige Zeügnus tenominiert: sonder allein das alte Lägerbüechlin mit seinem Vorbeschreibungen inhalt allegirt worden, haben nach beschehenen beeder Partheyen Submission, Herr Johann Wilhelm Schlotterbeckh Schaffner zue Reichenbach, Hanns Pfilipp Hensler Schultheiß zue Igelperg, und Hanns Seeger Schultheiß zue Heselbach, beed deß Ambts Reichenbach geschworne Undergänger, nachfolgende, durch Johann Jacob Neiffern Renovatorem abgefassten Undergänglichen Beschaidt, denen Partheyen eröffnet, innhalts: 

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Undergängl: Spruch. In der strittigen Überfahrt zwischen Christ Weißern, Georg Morathen, und Consorten, eines:
Entgegen und wider Michel Ziflen Ihrem mit Innwohnern, anders theils, betreffendt einem Fahrweg so die Clägere über obigen Ziflens Krummen Ackher (welcher bis Martini gebannt) Ine gebrauchen berechtiget zue sein, Vermeinen’s würdt von Einem Ersamben Undergang per Interlocutoriam hiermit gesprochen, werden besagte Clägere, oder Einer ußer Ihrem Mittel, Und einen leiblichen Aydt zue Gott dem Allmächtigen 

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schwören, daß der strittige weg vor Vierzig: Fünffzig. oder mehr Jahren, über besagten Ziflen Krummenackher, gleich von der Gaßen an zue seiner Cuckhen hinein: Und mit die Hohlgaßen hinaus und denn alten zugefallenen Weg zwischen Michel Ziflens und Christ Winters Krummenäckher hinauff, gebraucht worden seye?
Auch Georg Morath vornämblich von seinem Brueder dem Greehannßen von Tohnbach nit gehört: Und Er Morath zue dem Ziflen gesagt habe, daß Er Michel Ziflen keinen zu der Cuckhen hinein über sein Krummenackher fahren laßen dörffe, es geschehe dann, mit guetem willen: daß solches alles gehört, Und darauff fernner 

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ergehen, Und gesprochen werden solle, waß Recht sein würdt:
Publicirt zue Obermuespach, Montags denn andern Monatstag Marty, Anno sechzehenhundert sechzig achte, vormittags zwischen Neun: und Zehen Uhren. 
Auff solch eröffneten Urthel ist ein allgemeiner Durchgang mit der Gemeindt zue Obermuespach vorgenommen: Und ein jeder absonderlich befragt worden, ob derselbe denn abgelesenen Innhalt verstanden hatte, Und das Juramentum pratiren wolte; Es hatt aber 

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ein jeglicher daßelbige recusirt, und abgeschlagen: Hierüb hatt Michel Ziflen Beclagter zue mehrer bewaißthumb. deß einen Actoris Christ Weißer noch lebende laibliche Muetter im Fleckhen Obermuespach nahmhafft gemacht; Beruehrte Christ Weißers Muetter und weyl: Lorentz Weißers seelhinderlaßene Witib Maria, ist gleich balden verhört: Und Ihre Kundschafft nach wissen und gewissen in nachfolgendem ertheilet worden:
Sie Witib seye mehr alß 60 Jahr zue Muespach, Ihr Mann seel: habe niemahlen durch Michel Ziflens Cuckhen fahren dörffen, sondern er seye die Hohlgaßen hinaus: und darnach wider Umbhin gefahren uff Christ Winters Ackher, Von dar seyen Sie gleich uff Ihrem Krummenackher gewest, Item Ihr Mann seel: were dem Geßler -welcher vor disem daß Ziflen Ackher inngehabt- niemahls uff sein Veld kommen. Endet damit Ihre Ußage: 
Hirweilen nun die sach zuem theil erwisen, und mehrere Prohumptiones für Michel Ziflen, alß seinem gegentheil, in disem Stuckh vorgefallen, angesehen im Augenschein sich befunden, daß uff Michel Ziflens Veld vor alters kein weg gewesen sein mueß, also conhequenter diser weg ererst 

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in Kriegsläutten, und darnach je länger je mehr neü auffgebracht worden:
Alß haben Herr Schaffner, und die Undergänger, vilbemeltem Michel Ziflen Treü an Aydtstatt ab toco Juramenti in Supplementum, abzuelegen teherirt, ob vermittelst derselben Er Ziflen vollendts Innbehaubren getraun, daß Georg Morath die hirvornnen in der Interlocutoria begriffene wort: § Auch Georg Morath vornämblich von seinem Brueder dem Greehannßen rdaußgelaßen haben solle?
Hierauff nun uff zuevor beschehene gnuegsambe Erinnerung der poen deß falsch anglobens: Und daß Er 

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sich hireinnen wohl in obacht zue nemmen: Und bey sich selbst reifflich Zue berathschlagen hab, ob Er auch diß sein Vorhabendes angloben durch leibliche Beaydigung -wenn es dahin gelangen solte- affirmiren köndte?
Hatt berüehrter Michel Ziflen Treü an Aydtsstatt von sich geben: Darüber ist nachfolgende Undergängliche Urthel zuem beschluß ertheilet worden. als lauttendt:
Urthel
Uff jezt erstattetes angloben an Aydtsstatt, auch zue vorhero von Lorenz Weißers sel: Witib eingezogene alte sechzigjährige Kundschafft, würdt Undergänglich erkennt, 

Seite 441 

daß diejenige welche Güetter ob der Vichgaßen haben, denn Weg hinauß biß uff die Krumme Äckher, und über die Krumme Äckher uff und uff biß auff Diemenmadt, dem allernechsten über das sein, mit s.v. Mist, und Heü, brauchen sollen;
Diejenige aber welche Under der Vichgaßen ligen, sollen bey dem Wehrbohm die Gaß uffhin, und denn Ranckh zwischen Michel Ziflen und Christ Winters Krummen Äckher hinauff, ein jeder denn nechsten uff das sein, mit Tung und Heü fahren,
Deßentwegen denn Weg und die Hohlgaßen solcher gestalten machen, daß man mit ringerer Mühe selbige brauchen könne. 

Seite 441b 

Publicirt Montags denn andern Marty Anno Sechzehnenhundert Sechzig Acht, Mittags zwischen Ailff: und Zwölff Uhren.

Christ Weißer und Georg Morath beschweren sich ab diser Urthel:
Michel Ziflen aber ist darmit zuefriden. 

Seite 442 

Waß ußerhalb obspecifirter Weege, sonsten aandere ohnverkündte Straßen von: und zue wandel anlanget, mag ein jeder dem nechsten ab der Allmeindt uff das sein wandlen. 

Der zweite Teil dieser Seite handelt von den Wasserläufen im Dorf und wird deshalb im nächsten Kapitel behandelt.

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ENTNOMMEN AUS: HAUPTSTAATSARCHIV STUTTGART, H102/63 BD. 10.

AUFGESCHRIEBEN VON HANS REHBERG.

Letzte Änderung am 14.03.21