Das Vogtgericht von 1611
In diesem Teil wird das Protokoll des Vogtgerichtes vom 8. Mai 1611 wiedergegeben.
Zeitweise wurde das Ruggericht auch mit Vogtgericht bezeichnet, die Aufgabe hatte sich jedoch nicht geändert.
Die Vogt- und Ruggerichte fanden jedes Jahr unter der Leitung des Vogtes vom Klosteramt Reichenbach statt. Alle Bewohner konnten ihre Beschwerden vortragen und durch das Gericht klären lassen.
Diese Protokolle zeigen auch die kleinen Probleme der Obermusbacher und wir wollen sie deshalb Veröffentlichen um unseren Lesern einen Einblick in das Leben auf dem Dorf im 17. Jahrhundert zu geben.
Wichtig für den Heimatforscher sind auch die Namen der Prozessteilnehmer, da und für diese Zeit vor und um den 30jährigen Krieg die Kirchenunterlagen nur unvollständig vorhanden sind.
Insbesondere dieser Original-Text von 1611 ist mit Übertragungsfehler behaftet, da die Schrift in Teilen sehr schwer les- und übertragbar ist. Vielfach wird auch wegen der schlechten Lesbarkeit nur der vereinfachte Sinn des Protokolls übertragen.
Die Textkommentare sind zur Verständlichkeit kursiv geschrieben.
Edition dem Sinn nach:
Vogtgericht zu Obermusbach gehalten den 8. Mai 1611
Schultheiß Hanns Maulbretsch sagt:
1. Anklagepunkt:
Hanns Lach von Hallwangen, Knecht bei Conradt Härr, hat mit seinem Weib vor der Hochzeit geschlafen. Dies ist etwa einige Wochen vorher geschehen.
Urteil:
Die beiden Eheleute sollen sich anderen Tags zum Kloster Reichenbach begeben und dort 14 Tage Frondienst leisten.
2. Anklagepunkt:
Desgleichen wird Michel Leix des Beischlafs vor der Hochzeit mit seiner verstorbenen Ehefrau beschuldigt.
Urteil:
Offensichtlich wurden die Urteile geändert.
Beide Männer haben 8 Tage im Gefängnis eingesessen, die Ehefrau hat 5 Tage eingesessen. Die überige Strafe haben sie eingehalten. Es ist nicht klar, welche Strafe gemeint ist da ein Wort (Klüett?) nicht entschlüsselt werden konnte.
3.Anklagepunkt:
Conrad Herr und Theus Leix gehen selten in die Kirche.
Urteil:
Beide sollen 5 Schilling in die Armenkasse zahlen und das Geld am gleichen Tag dem Pfarrer geben.
Gall Häberlen sagt:
4. Anklagepunkt:
Jacob Kaiss, Conrad Herr, Lorenz Waltz und Philip Gree ihre Buben haben ihm seine Truhe mit 7 1/2 Viertel Gerste fortgetan. Die Truhe ist jedoch wieder da mit einer anderen verdorbenen Frucht darin.
Urteil:
Als Strafe sind 5 Schilling zu zahlen, die zur Hälfte die Herrschaft bekommt. Die andere Hälfte bekommt die Gemeinde.
Der Kläger Häberlen soll seine Schadensregulierung mit Hilfe des Schultheißen oder eines Gerichts durchdsetzen.
Ist bereits geschehen.
Conrad Herr sagt:
Name ist jedoch aus nicht bekannten Grund gestrichen
5. Anklagepunkt:
Die Bürger von Igelsberg beklagen sich über Zustand des „Bösen Weg“.
Urteil:
Kein Urteil.
6. Anklagepunkt:
Der Händel zwischen Schweickhardt und Bernhard Schwemblin ist noch nicht beendet.
Urteil:
Das Urteil ist nicht richtig lesbar.
7. Anklagepunkt:
Hans Geißlers Kind ist so vernachläßigt das es bald sterben wird.
Urteil:
Bernhardt Schwemblin und Bles Schwemblin sollen die Kinder in Pflege nehmen.
Unbekannt ist der Ausdruck „Storchen Hof“.
Ende der Gerichtverhandlung.
Ab hier Originaltext:
Vogtgericht zuo Obermuoßbach gehalten denn 8.May 1611
Urteil | Klage |
Schultheiß Hanns Maulbretsch | |
Die beede sollen sich uff köett ein anes tag zue Reichenbach einstellen und die fron von 14 tag hernach. | Hanns Lach von Hallwang, Conrad Härren Knecht habe mit seinem Weib vor der Hochzeit zue frieen Beyschlaff ungeforlich verfreht wochen gehaltt. |
Die beede manner sein 8 tag des weib 5 tag in gefangnus uffgehalt, die übrige Sträff ihnen uff am Klüett heb dene beude gehalten werden. | Desgleichen Michel Leix mit seiner verstorbnen Frau auch zue frieen Beyschlaff gehaltt. |
Sollind 5 Schilling in denn Armenn Kasten und inne solche gleichen tag sein dem Pfarrer gelüfert werden. | Conradt Herr unnd Theus Leix kommen selten in die Kirchen. |
Gall Häberlen | |
Sollind 5 Schilling halb der Herrschaftt und halb dem fleckhen haben darzue Ihme Häberlen durcher kontnuß des schulthaissen unnd eines gerichts einen Zimblichen Abtrag thon oder Ihme rechtens sein.Ist eingeschrit. | Jacob Klaissen Conradt Härren Velthes C Lorentz waltzen und Philip green buoben haben Ihne seinen Truhe darein 7 1/2 Virntel roevhen gerscht gewesen, allerdings denen wider andere frucht darein uhm miessen, gesretzt und verderbdt. |
Conrad Herr | |
Die von Illensperg beclagen sich ob dem bösen weg. | |
Der Schweigherdt soll ? freuel ad rechtens ge? | Der Hanndel zwischen Schwiegherd und Bernhardt Schwemblin sei noch nit uffgericht. |
Bernhardt Schwemblen und Bles Schwemblen uff dem storschen Hof sein den Kindern zue Pflegern verordnnet worden den 7 May Anno 1611. | Hanns Geißlers Kind Pflegs zue verordnen. |
Entnommen aus: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A516L Bü. 6.
Aufgeschrieben von Hans Rehberg.
Letzte Änderung am 16.03.21